Die beiden Schulleitungen hatten zum Elternabend geladen. Sie sehen den freien Elternwillen zur Schulwahl eingeschränkt, da der Landkreis Holzminden zum nächsten Schuljahr den Bustransfer von Neuhaus über Silberborn nach Dassel einstellen will. Zahlreiche Gäste aus Kommunal- und Landespolitik, Kirche sowie Busunternehmen gaben Statements zur Situation.
Nach einer Begrüßung durch Schulleiterin der RvD Kerstin Voß und Schulleiter der PGS Matthias Kleiner, der Vorstellung der geladenen Gäste und einer kurzen Darstellung der Faktenlage, erhielten die Eltern der derzeit 40 betroffenen Schülerinnen und Schüler Gelegenheit, ihrer Empörung über die aus ihrer Sicht unsoziale Entscheidung des Landkreises Holzminden Ausdruck zu verleihen. Man beende die Bestellung einer Busverbindung auf Kosten der Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern. Sie sehen sich nun vor die Entscheidung gestellt, die derzeit besuchte Schule, für die sie sich angesichts der unterschiedlichen Angebote entschieden haben, zu verlassen oder auf eigene Kosten weiterhin das Busunternehmen zu beauftragen. Viele Eltern könnten sich das nicht leisten. Es befänden sich unter den betroffenen Schülern auch solche, die kurz vor ihrem Abschluss stünden, und nun ihre weitere Schullaufbahn aufgrund dieses unzumutbaren Wechsel gefährdet sehen. Einige Eltern berichteten von großer Verunsicherung auch auf Seiten der Kinder, die nun mitunter ihre Schulgemeinschaft verlassen müssten. Man sei auch verwundert darüber, da angesichts der Schulstrukturdiskussion im Landkreis Holzminden es gar nicht klar sei, wohin die Schüler denn gehen sollten. Die Schulen seien voll und zudem könnten sie das Personal gar nicht vorhalten. Es sei offensichtlich, dass der Landkreis sparen wolle, dies sei allerdings auch recht kurzfristig gedacht, wenn die Schüler dann im Landkreis beschult werden sollen, koste das auch viel Geld. Die Verantwortlichen für diesen Beschluss sollten sich dessen bewusst sein, dass hinter den Eltern auch eine große Wählerschaft stünde. Sollte der Landkreis damit auf lange Sicht herbeiführen wollen, dass Holzmindener Schüler, wie in dem Brief von Kreisbaurat Ralf Buberti angekündigt, nur in Holzminden zur Schule gehen sollen und weitere Buslinien streichen, dann wäre das weder für die Eltern bzw. Wählerinnen noch für die Schulen gut, da das Angebot in übervollen Klassen mit wenig Lehrpersonal auch nicht besser werde.
Die anwesenden geladenen Gäste hörten sich die Argumente der Eltern- und Schülerschaft an und zeigten sich dankbar für die Fülle an Informationen und die Kenntnis der starken Betroffenheit der Eltern und Schülerinnen und Schüler. Man werde diese Informationen jetzt weiter in die Ausschüsse tragen. Maik Fieber sowie Nadine Seifert-Doods (Bildungsausschuss LK Northeim) stellten fest, dass man sich über die guten Schulen in Dassel freue und es offensichtlich eine politische Entscheidung des Landkreises Holzminden sei, diese Busverbindung zu streichen und das gegenseitige Zuschieben von Verantwortlichkeiten für Verdruss auf allen Seiten führe. Peter Penke-Wevelhoff (Ortsbürgermeister Silberborn) und Lars Metje (Ortsbürgermeister in Neuhaus) forderten, dass die Buslinie weiterhin beauftragt werden müsse oder ein regelmäßig verkehrender Linienbus eingesetzt werden müsse, um den Transportbedarf zu bedienen. René Kopka (Mitglied des Landtages) betonte die Wichtigkeit der Bildung. Junge Leute seien für die Zukunft wichtig und die Region Südniedersachsen dürfe nicht seine Entwicklung im Bildungsbereich an Landkreisgrenzen scheitern lassen. Mobilität im ländlichen Raum sei zentrales Thema in der Gesellschaft, der ÖPNV müsse ausgebaut werden, auch z.B. auf der Strecke Uslar-Dassel, denn auch hier müssten Eltern privat initiativ werden, um ihre Kinder an gute Schulen in Dassel schicken zu können. Er wolle Kontakt im Wirtschaftsministerium aufnehmen, um möglicherweise aus dieser Region eine Modellregion für attraktiven ÖPNV werden zu lassen.
Stephanie v. Lingen (Superintendentin im Kirchenkreis Leine-Solling) und Frau Dr. Kerstin Gäfgen-Track (Oberlandeskirchenrätin der Landeskirche Hannover) sprachen sich beide dafür aus, dass es darum gehen müsse, Schule von den Schülerinnen und Schülern bzw. auch von deren Eltern aus zu denken. Die ev. Landeskirche ist Trägerin der Paul-Gerhardt-Schule in Dassel und als solche investiert sie eine Menge in gute Schule. Die Schülerzahlen und die Anfragen bestätigen, dass Eltern und Schülerinnen und Schüler großes Interesse an dieser Schule haben. Es werde viel Geld und Engagement dahinein gegeben, den Schülerinnen und Schülern ein weltoffenes, überzeugendes und gutes Angebot zu machen. Immer wieder werde geschaut, wie das Bildungsangebot in einer herausfordernden Zeit verbessert und Schülerinnen und Schüler auf das weitere Leben vorbereitet werden könne. Gute Schulen durch strukturelle Entscheidungen wie das Kappen von Busverbindungen - Schülerinnen und Schülern nicht zugänglich zu machen, sei keine gute Politik. Kirche investiere in gute Bildung und lasse sich das Angebot der PGS viel kosten. Der Landkreis Holzminden vergesse anscheinend, dass die Bereitstellung von Personal und Infrastruktur für alle zurückzugewinnenden Schülerinnen und Schüler ebenfalls viel Geld kosten werde.
Sven Wolter (Bürgermeister in Dassel) beschrieb die PGS als ehemaliger Schüler als besonderen Lernort, den er gern besucht habe. Er sei dankbar, dass die RvD und die PGS in Dassel ein so gutes Lernangebot machen, Eltern sich bewusst für diese Schulen entscheiden. Beide Schulen bedeuteten für Dassel auch eine hohe Zahl an Arbeitsplätzen. Er bedauere den psychologischen Faktor, der sich aus diesen Entscheidungen des Landkreises Holzminden ergebe. Eltern seien verunsichert, die Zeit für Lösungen sei knapp. Er forderte die Elternschaft auf, nicht zu resignieren und weiter bei entsprechenden Entscheidungsträgern Forderungen zu stellen. Er freue sich über die gute Zusammenarbeit mit dem Landkreis Holzminden in anderen Bereichen, wie z.B. dem Tourismus. Ein Austausch sei gewünscht. Uwe Fingerhut, Joachim Stünkel, Ann-Kathrin Hesse und Bernd Stünkel vom Stadtrat in Dassel betonten die besondere Bedeutung der beiden Schulen und bedankten sich für diese tiefen Einblicke. Auch die Emotionen der Elternschaft so dicht zu erfahren sei für sie wichtig. Ihr Appell war es, im Austausch zu bleiben.
Christian Vierroth (VV-cCar-Personenbeförderung) fährt derzeit die Schülerinnen und Schüler und würde das auch gern weiter anbieten. Er sieht sich jetzt mit der Streichung dieser Busverbindung konfrontiert. Natürlich müsse er bald wissen, ob das Angebot weiter angenommen werden wolle.
Nach diesem Austausch erörterten die Eltern und Schülerinnen und Schüler Handlungsoptionen. Besonders die Elternvertreter forderten dazu auf, Widerstand auf vielen möglichen Wegen kundzutun, Petitionen zu initiieren, in Bezug auf ÖPNV die Modellregion Solling auf Landesebene zu fordern, Resolutionen einzubringen oder auch laut und öffentlich zu protestieren. Zu letzterem haben sich insbesondere Schülervertreter geäußert.
Gegen Ende der Veranstaltung bedankten sich Kerstin Voß und Matthias Kleiner und sicherten den Eltern zu, dieses Thema weiter zu unterstützen, sie weiter zu informieren und Kontakte herzustellen, damit den Eltern am Ende der Elternwille zur freien Schulwahl bleibt.